Ab und zu werde ich mir erlauben, Beiträge zu veröffentlichen, die nur randlich oder auch gar nicht mit Entomologie zu tun haben. Hier ist einer davon.
In einem früheren Beitrag habe ich über Widmungen von Büchern geschrieben. Hier gibt es noch ein paar davon.
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Eine sehr ehrliche Widmung oder vielleicht eine humorvoll gemeinte, wahrscheinlich aber beides:
To my wife Marganit
and my children Ella Rose and Daniel Adam
without whom this book would have
been published two years earlier
Joseph J. Rotman: An Introduction to Algebraic Topology (1988)
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Rotman war natürlich nicht der erste mit dieser Art von Widmung.
To my daughter Leonora without whose never-failing sympathy and encouragement this book would have been finished in half the time.
P. G. Wodehouse: The Heart of a Goof (1926)
Und sicherlich gibt es noch frühere Beispiele dieser Art. Es ist eine sehr naheliegende Widmung, weil sie so oft die Realität abbildet.
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Ein berühmter Kosmologe an seine Frau, so kosmologisch wie charmant:
For Ann Druyan; In the vastness of space and the immensity of time, it is my joy to share a planet and an epoch with Annie.
Carl Sagan: Cosmos (1980)
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Und noch etwas Kryptisches:
Für IA 47 407
Kurt Tucholsky: Schloß Gripsholm (1931)
Ist mittlerweile von den Literaturhistorikern und Biographen entschlüsselt worden. Es handelte sich um das Berliner Autokennzeichen von Tucholskys damaliger Freundin Lisa Matthias, die ihn gebeten hatte, ihren Namen nicht zu nennen.
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Der amerikanische Wissenschaftsjournalist Richard Conniff hat in seinem unterhaltsam geschriebenen Buch The Species Seekers einige der reisenden Naturwissenschaftler, Sammler und Entdecker verewigt, die vom 18. bis 20. Jahrhundert in allen Teilen der Welt unterwegs waren. Am Schluß des Buchs findet sich eine – wie der Autor zugibt höchst unvollständige – Nekrologie. Die hier aufgezählten Todesursachen reichen von Malaria, Typhus, Dysenterie und unbekannte tropische Krankheit bis zu ermordet. Ein Ornithologe erstickte beim Versuch, sich in einer Uferböschung in ein Eisvogelnest vorzugraben, ein Botaniker fiel in eine Fallgrube, in der sich bereits ein wütender Bulle befand. So ist es kein Wunder, daß die Widmung des Buchs lautet
To those who died in the search for species.
Richard Conniff: The Species Seekers. Heroes, Fools, and the Mad Pursuit of Life on Earth (2011)
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Walter Moers hat eine Vorliebe für das Anagrammieren von Personennamen, was sich auch in seinen Widmungen niederschlägt.
Mein Dank für alles mögliche gilt Erchl Gangwolff, Daniel Rawiner, Tito Milchvers und Danilie von Derwesch. Ich danke Tito Milchvers für die Entschlüsselung der Ziffern der Buchimistischen Zahlenmystik.
Walter Moers: Die Stadt der träumenden Bücher (2004)
Erchl Gangwolff = Wolfgang Ferchl, Moers‘ Verleger
Daniel Rawiner = Rainer Wieland, Moers‘ Lektor
Tito Milchvers = Oliver Schmitt, freiberuflicher Buchgestalter (Designer) und Mitbetreiber des Ventil-Verlags
Danilie von Derwesch ist meines Wissens noch nicht entschlüsselt worden.
Der Text des Romans enthält viele Anagramme von Schriftstellern, darunter so schöne Namen wie Akud Ödreimer, Gofid Letterkerl und Dölerich Hirnfidler (= Eduard Mörike, Gottfried Keller und Friedrich Hölderlin. Erkennen Sie auch Ali Aria Ekmirrner, Heidler von Clirrfisch, oder (leicht:) Sanotthe von Rhüffel-Ostend und Ojahnn Golgo van Fontheweg?)
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Wissen Sie, was ein Akrostichon ist? Ich mußte den Begriff erst nachschlagen.
Zembla, Zenda, Xanadu:
All our dream-worlds may come true.
Fairy lands are fearsome too.
As I wander far from view
Read, and bring me home to you.
Salman Rushdie: Haroun and the Sea of Stories (1990)
Dieses Buch wurde geschrieben in der Zeit, als Rushdie versteckt leben mußte. Die Widmung an seinen Sohn Zafar steckt im Akrostichon.
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Hübsch, prägnant und klassisch.
For Joan: Anywhere you are is Shangri-la.
Robert B. Parker: Night Passage (1997)
Selbst wer James Hiltons Roman Lost Horizon (Der verlorene Horizont / Irgendwo in Tibet) nicht kennt, hat wahrscheinlich den Begriff Shangri-La schon einmal gehört und weiß, daß er für einen mystischen Ort des Friedens und der Ruhe steht. Im englischen Sprachraum ist der Begriff weit geläufiger als im deutschen und französischen.
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Wem sonst als Dir
Friedrich Hölderlin: Hyperion. 2. Band (1799)
Die Widmung für Hölderlins Geliebte Susette Gontard, seine „Diotima“, wird immer als besonders schöne Widmung zitiert, gilt aber eigentlich gar nicht, denn das war nur eine handschriftliche Eintragung in dem Exemplar, das Hölderlin der Gontard schenkte, also keine öffentliche, in die gesamte Auflage gedruckte Widmung.
Für Büchersammler[1] sind eigenhändige Widmungen des Autors bzw. der Autorin allerdings ein Faktor, der den Wert eines Buchs beträchtlich erhöhen kann. Solche Widmungen und Bemerkungen sind Unikate und werden, vor allem wenn sie Persönliches enthalten, entsprechend hoch geschätzt und teuer bezahlt.
Im englischen Sprachraum, wo die Bibliomanie besonders extreme Züge annehmen kann, gibt es unterschiedliche Bezeichnungen für die verschiedenen Varianten von signierten Büchern.
- Eine signed copy ist ganz allgemein ein vom Autor signiertes Buch. In der Regel trägt es nur den Namenszug des Autors.
- Eine inscribed copy ist ein Buch, das auf Wunsch des Besitzers vom Autor signiert wurde. Kann zusätzlich zum Namenszug eine Widmung enthalten.
- Eine presentation copy ist ein Buch, das der Autor signiert und jemandem geschenkt hat. Enthält meistens auch eine Widmung, manchmal mit persönlichem Inhalt.
- Eine association copy ist ein Buch, das dem Autor selbst gehörte und das er mit Anmerkungen versehen hat, oder ein Buch, das jemandem gehörte, der in irgendeiner Weise mit dem Inhalt zu tun hat, z.B. jemand, der im Buch vorkommt oder das Vorbild für eine Romanfigur gewesen ist.
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Als Ian Fleming seinen Geheimagenten 007 erfand, haben mehrere reale Personen, die Fleming während seiner Tätigkeit im Marine-Nachrichtendienst kannte, für 007s Persönlichkeit Pate gestanden. Der Name des Agenten sollte dagegen “as ordinary as possible“ (so gewöhnlich wie möglich) sein. Der ornithologisch interessierte Fleming besaß und benutzte das von dem amerikanischen Vogelkundler James Bond verfaßte Bestimmungsbuch “Birds of the West Indies” und bediente sich an Bonds Namen[2]. 1964 waren James Bond und seine Frau Mary bei Ian Fleming zu Besuch auf seinem Anwesen Goldeneye auf Jamaica und erhielten ein Exemplar des aktuellen Romans You Only Live Twice mit der handschriftlichen Widmung
To
the real
James Bond
from the thief of
his identity,
Ian Fleming
Feb 5. 1964
(a great day!)
[Dem wahren James Bond, vom Dieb seiner Identität, Ian Fleming. 5. Februar 1964 (ein großartiger Tag!)]
Fleming, der wenige Monate später starb, scheint den Besuch der Bonds also sehr genossen zu haben, obwohl am selben Tag auch ein Fernsehteam bei ihm im Haus war und alles ein wenig chaotisch gewesen sein muß.
Mary Wickham Bond erzählt diese Geschichte in ihrem 1966 erschienenen Büchlein „How 007 Got His Name“ und als ich das gelesen hatte, fragte ich mich, was das Buch mit der Widmung von Fleming an Bond wert sein würde, wenn es jemals auf einer Auktion angeboten würde. Nun, im Dezember 2008 kam es tatsächlich dazu: Das Buch aus dem Nachlaß der Bonds wurde von einem anonymen Sammler für 84.000 $ ersteigert. Solche Preise sind natürlich pervers, wie so vieles auf dem Büchersammler-, Kunst- und Antiquitätenmarkt.
Der echte James Bond (1900-1989)
Na wenn keine(r) will:
Ali Aria Ekmirrner = Reiner Maria Rilke
Heidler von Clirrfisch = Friedrich von Schiller
Wer doch noch will: ausgerechnet beim Anagramm eines seiner Lieblingsautoren, dem selbst auch nichts Besseres zu seinen Namensbuchstaben einfiel als Chr. M. Stadion, unterlief ihm ein Fehler, hat er ein n vergessen: Damoc Risth.
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Vielleicht hätten Arno Schmidt und Walter Moers mal mit Scrabble-Steinen spielen sollen. Da findet man noch andre Alternativen: Chris Admont, Simon Dracht, Roman D. Stich, Admin Storch, Tom Schirdan, Dimon Schrat und viele andere.
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Lieber Axel,
ich nehme die leichten: Anette von Droste-Hülshoff und Johann Wolfgang von Goethe. Den hat Walter Moers, wenn ich es richtig erinnere, ja mehrfach durch den Buchstabenhäcksler geschickt.
Manche Nachbarn hier halten uns für phantasievolle Menschen. Wegen der Namen unserer Tiere. Einer heißt Rumo. Wenn sie lesen würden wüssten sie es besser.
Dank und Gruß
Udo
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